Keine erhöhte Streitwertschätzung mit Motivationswirkung

In dem – weithin kritisch diskutierten (vgl. Rojahn/Lunze in Mitt. 2012, 533; Beyerlein/Beyerlein, Mitt. 2012, 542; Stjerna, Mitt. 2012, 546) – Beschluss „Du sollst nicht lügen II“ des OLG Düsseldorf schlägt der Patentsenat des OLG Düsseldorf aus Praktikabilitätsüberlegungen vor, dass das Gericht einen hohen Streitwert festsetzen kann, um die Parteien zur Mitwirkung bei der Streitwertfestsetzung zu motivieren. So führt der Senat aus, „dass in Fällen, in denen die Parteien ihre Mitwirkung an einer sachgerechten Streitwertfestsetzung verweigern, vom Gericht ein Streitwert geschätzt wird, der so hoch ist, dass er die Parteien zuverlässig motiviert, z.B. im Rahmen eines Antrages auf Streitwertkorrektur ihrer Mitwirkungspflicht wahrheitsgemäß nachzukommen.“

In der Literatur wurde darauf hingewiesen, dass eine Motivation des Beklagten durch hohe Streitwertangaben schon deswegen nicht in Betracht kommen kann, da nur der Kläger Kostenschuldner des Gerichtskostenvorschusses ist. Das Gericht könne dem Kläger (und nur diesem) eine Verzögerungsgebühr auferlegen oder ggf. einen Sachverständigen einschalten (vgl. Rojahn/Lunze in Mitt. 2012, 533; Beyerlein/Beyerlein, Mitt. 2012, 542; Stjerna, Mitt. 2012, 546), nicht aber bewusst einen hohen Streitwert schätzen. Andere Rechtsmittelgerichte sind dem OLG Düsseldorf nicht gefolgt (vgl. etwa OLG Frankfurt, Beschluss vom 3.11.2011, Mitt. 2012, 94).

Auch aus der Entscheidung BGH, Beschluss vom 12. Juni 2012 – X ZR 104/09 – „antimykotischer Nagellack II“ in einer arbeitnehmerrechtlichen Sache kann geschlossen werden, dass der vom OLG Düsseldorf vorgeschlagenen Praxis der Schätzung eines hohen Streitwerts mit „Motivationswirkung“ nicht gefolgt werden kann. So führt der X. Zivilsensat aus, dass der Streitwert „grundsätzlich nach dem Betrag zu bemessen ist, den das Gericht aufgrund des Sachvortrags des Klägers als angemessen erachtet. Offensichtlich übertriebene Einschätzungen und Angaben insbesondere zu Umständen, über die der Beklagte erst Auskunft erteilen soll, haben dabei außer Betracht zu bleiben.“ Eine Schätzung des Streitwerts, die zuverlässig zu einem Antrag auf Streitwertkorrektur führen muss, wäre mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar.

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