Rechtliche Anlaufschwierigkeiten bei Mailbox-Zustellung des EPA?

Mit dem Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Dezember 2011 über die Zustellung durch technische Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung in ausgewählten Verfahren vor dem EPA hat der Präsident die Zustellung durch Übermittlung einer elektronischen Benachrichtigung an die Mailbox eines zugelassenen Vertreters nach R. 127 EPÜ als zulässige Zustellungsart festgelegt. Vorerst erfolgt eine Erprobungsphase. Die Teilnahme ist freiwillig. Der zugelassene Vertreter muss – ähnlich wie beim HABM – mitteilen, dass er in der Erprobungsphase mit der Zustellung an die Mailbox einverstanden ist.

Doch schon im Ansatz – nämlich im Beschluss des Präsidenten selbst – scheinen Unwägbarkeiten zu lauern. So soll in Art. 4(2) des Beschlusses eine Zustellfiktion ähnlich zu R. 126(2) EPÜ definiert werden. Leider gibt es eine wesentliche Diskrepanz zwischen dem Wortlaut des Art. 4(2) des Beschlusses und der R. 126 (2) EPÜ.

Für Zustellung durch technische Einrichtungen gilt die Zustellung „spätestens mit dem zehnten Tag nach Übermittlung der elektronischen Benachrichtigung an die Mailbox als bewirkt, es sei denn …“ (englische Fassung: „Notification is deemed to have been effected at the latest on the tenth day after transmission of the electronic communication to the Mailbox, unless …“). Der problematische Unterschied zu R. 126 (2) EPÜ liegt in dem „spätestens“ – (vgl. R. 126 (2) EPÜ: „Bei der Zustellung mittels eingeschriebenen Briefs mit oder ohne Rückschein gilt dieser mit dem zehnten Tag nach der Abgabe zur Post als zugestellt, es sei denn …“ bzw. „such letter shall be deemed to be delivered to the addressee on the tenth day following its posting, unless it has failed to reach the addressee or has reached him at a later date“).

Was soll Art. 4(2) des Beschlusses aber bedeuten? Kann die Zustellung durch technische Einrichtungen (d.h. an die Mailbox) auch an einem früheren Tag als mit dem zehnten Tag als bewirkt gelten, beispielsweise wenn die entsprechende elektronische Benachrichtigung vor diesem Tag abgerufen wurde? Der Beschluss des Präsidenten gibt hierzu keine Auskunft. Bis zu einer Klarstellung durch das EPA bestehen vorerst Unsicherheiten, die aus den Formulierungsunterschieden zu R. 126(2) EPÜ resultieren.

Mehr Interaktion im Kapitel II-Verfahren PCT

Nach einer Mitteilung des EPA vom 31. August 2011 wird das EPA als mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde (IPEA) künftig regelmäßig wenigstens einen Bescheid im Kapitel II-Verfahren PCT erlassen, falls andernfalls ein negativer IPRP (Kapitel II) ergehen würde. Der Anmelder hat neben der Einreichung neuer Ansprüche und einer Erwiderung auf den woISA bei Stellung des Kapitel II-Antrags regelmäßig wenigstens eine weitere Möglichkeit, die Ansprüche zu ändern.

Diese Änderung der Praxis des EPA ist begrüßenswert. Nach der bisherigen Vorgehensweise des EPA als IPEA, bei der Prüfer – oft basierend auf neuem Stand der Technik – neue Einwände gegen die nach Art. 34 PCT eingereichte Ansprüche erhoben, waren die Interaktions- und Reaktionsmöglichkeiten in der Praxis doch recht beschränkt. Manche Anmelder sahen sich – ganz verständlich – veranlasst, die mit dem Kapitel II-Verfahren verbundenen, erheblichen Kosten auf den Prüfstand zu stellen. Mit der neuen Praxis könnte das Kapitel II-Verfahren vor dem EPA wieder etwas an Attraktivität gewinnen. Dies wird jedoch nur geschehen, wenn eine sachgerechte internationale vorläufige Prüfung durchgeführt wird, die auf einer guten Recherche und auf technischem Sachverstand basiert und die die technische Lehre, nicht etwa in den EPA-Prüfungsrichtlinien aufgestellte Formerfordernisse zum Schwerpunkt der Prüfung macht.

Zusätzliche Aufgaben für das HABM

Die Europäische Kommission hat einen Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, mit der dem Harmonisierungsamt zusätzliche Aufgaben übertragen werden sollen. Wesentliche Punkte sind in einer Pressemitteilung des HABM zusammengefasst.

Der Verordnungsentwurf sieht im Wesentlichen vor, das HABM mit zusätzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zu betrauen.

Die vorgesehenen Aufgaben, die das HABM nach dem Entwurf zusätzlich übernehmen soll, erscheinen dem Verfasser dieses Artikels eine recht facettenreiche Mischung zu sein. Das HABM soll nach dem Entwurf
– eine Art PR- und Informationsstelle für Rechte des geistigen Eigentums werden (Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. a-d);
– zur fachlichen Qualifikation von Personen beitragen, die mit der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (Anwälte? Richter? Zollbeamte?) betraut sind, (Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. e);
– informationstechnische Hilfsmittel bereitstellen bzw. Training für diese anbieten, mit denen Verletzungen geistiger Eigentumsrechte überwacht und bekämpft werden können (Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. f und g), und
– zur Verbesserung des Schutzes von Rechten des geistigen Eigentums die Zusammenarbeit mit Drittstaaten stärken (Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. h).

Leider erschließt sich dem Verfasser dieses Beitrags nicht, welche Maßnahmen das HABM nach Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. a-d des Entwurfs ergreifen soll. Um in der breiten Öffentlichkeit Informationen über Rechte des geistigen Eigentums und deren Verletzung wirksam zu kommunizieren, wäre zunächst Voraussetzung, dass die Visibilität des HABM in der breiten Öffentlichkeit gesteigert wird.

Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. e des Entwurfs könnte auf den Aufbau einer HABM-Akademie nach dem Vorbild des EPA hinauszulaufen.

Zu Artikel 2 Ziffer 1 Buchst. f und g des Entwurfs muss kritisch angemerkt werden, dass es sogar auf dem Gebiet der Gemeinschaftsmarken und –geschmacksmuster mit der nach GMVO bzw. GGMVO vorgeschriebenen Weiterleitung von Entscheidungen der Gemeinschaftsmarkengerichte bzw. Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte an das HABM nicht besonders weit her zu sein scheint. Insofern ist fraglich, wie das HABM die zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderliche Information zur Überwachung von Verletzungen geistiger Eigentumsrechte erhalten soll.

Die in Artikel 2 Ziffer 2 des Entwurfs genannten Maßnahmen scheinen vornehmlich der Sammlung von Daten zu dienen.

Ein – in dem Entwurf nicht ausdrücklich genanntes Ziel – scheint auf alle Fälle erreichbar zu sein: Der vom HABM erwirtschaftete Überschuss dürfte durch die Übertragung der neuen Aufgaben verringert werden können.

DPMA macht dicht

Mit Mitteilung vom 17.11.2010 teilt das DPMA mit, dass der Haupteingang vom 26. November 2010 bis 10. Januar 2011 aufgrund baulicher Maßnahmen geschlossen bleibt.

Bis zur Wiedereröffnung ist der Zugang in das Gebäude nur über den Seiteneingang in der Morassistraße (Parkplatz) möglich.

Der Zugang zum Nachtbriefkasten ist über die Erhardstraße möglich.

EPA: Änderung von R. 36 – Teilanmeldung

Der Verwaltungsrat hat am 26. Oktober 2010 folgende geänderte R. 36 EPÜ beschlossen, die am gleichen Tag in Kraft getreten ist und in der der „erste Bescheid“, der die 24-monatige Frist für die Teilanmeldung auslöst, konkretisiert ist  (die zugehörige EPA-Mitteilung finden Sie hier):

Artikel 1

1. Regel 36 Absatz 1 der Ausführungsordnung zum EPÜ erhält folgende Fassung:

„(1) Der Anmelder kann eine Teilanmeldung zu jeder anhängigen früheren europäischen Patentanmeldung einreichen, sofern:

a) die Teilanmeldung vor Ablauf einer Frist von vierundzwanzig Monaten nach dem ersten Bescheid der Prüfungsabteilung nach Artikel 94 Absatz 3 und Regel 71 Absätze 1 und 2, oder Regel 71 Absatz 3 zu der frühesten Anmeldung eingereicht wird, zu der ein Bescheid ergangen ist, oder

b) die Teilanmeldung vor Ablauf einer Frist von vierundzwanzig Monaten nach einem Bescheid eingereicht wird, in dem die Prüfungsabteilung eingewandt hat, dass die frühere Anmeldung nicht den Erfordernissen des Artikels 82 genügt, vorausgesetzt, sie hat diesen konkreten Einwand zum ersten Mal erhoben.

Artikel 2

(1) Dieser Beschluss tritt am 26. Oktober 2010 in Kraft.

(2) Unbeschadet des Artikels 3 des Beschlusses CA/D 2/09 des Verwaltungsrats gilt die mit Artikel 1 dieses Beschlusses neu gefasste Regel 36 Absatz 1 für ab dem 1. April 2010 eingereichte Teilanmeldungen.

EPA: Erleichterung in Sicht?

Insbesondere die kurze 1-Monatsfrist für die Beantwortung einer Mitteilung nach R. 161 I/II EPÜ hat für einigen Unmut gesorgt. Möglicherweise wird diese Frist aber auf 6 Monate verlängert.

Das EPA hat in einer Mitteilung vom 29.9.10 mitgeteilt:

Der Ausschuss „Patentrecht“ (ein nachgeordnetes Organ des Verwaltungsrates des EPAs) gab einstimmig während seiner 39. Sitzung am 27. September 2010 eine positive Stellungnahme zu den Vorschlägen zur Änderung der Ausführungsordnung ab. Die Vorschläge werden dem Verwaltungsrat des EPAs zur Beschlussfassung in dessen Sitzung Ende Oktober unterbreitet.

Die Vorschläge beinhalten folgendes:

  • Vorschlag für die Änderung der Regel 36 (1) a) EPÜ durch explizite Auflistung der substanziellen Bescheide der Prüfungsabteilung, welche die 24-Monatsfrist für die Einreichung freiwilliger Teilanmeldungen auslösen, nämlich Mitteilungen nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1), (2) oder (3) EPÜ
  • Vorschlag über die Verlängerung der in Regel 161 (1) und (2) EPÜ sowie in der Regel 162 EPÜ genannten Fristen von einem auf sechs Monate
  • Vorschlag für die Änderung der Regel 71 und Einfügung einer neuen Regel 71a EPÜ zur Verbesserung der letzten Phase der Erteilungsverfahren durch Einführung eines zweiten Schritts für Fälle, in denen der Anmelder auf die Mitteilung der Prüfungsabteilung nach Regel 71 (3) EPÜ hin Änderungen oder Berichtigungen beantragt. Das derzeitige rationalisierte Verfahren wird für alle anderen Fälle beibehalten.

EPA: Albanien tritt dem EPÜ bei

Am 11. Februar 2010 ist Albanien dem EPÜ beigetreten. Das EPÜ tritt in Albanien am 1. Mai 2010 in Kraft. Der Europäischen Patent Organisation gehören dann die folgenden 37 Mitgliedsstaaten an:

Albanien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern.

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