Neue Regel 70a EPÜ: Erwiderung auf den erweiterten europäischen Recherchenbericht

Aus der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 15. Oktober 2009 über Änderungen der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen, Amtsblatt EPA, 11/2009:

Die neue Regel 70a EPÜ sieht vor, dass innerhalb der Frist zur Stellung des Prüfungsantrags eine Erwiderung auf die dem Recherchenbericht beiliegende Stellungnahme eingereicht werden muss. Das gilt jedoch nur, wenn die dem Recherchenbericht beiliegende Stellungnahme negativ ist. Werden in der dem Recherchenbericht beiliegenden Stellungnahme keine Einwände erhoben, ergeht also keine Aufforderung zur Mängelbeseitigung oder Änderung der Ansprüche, Beschreibung oder Zeichnungen, muss keine Erwiderung eingereicht werden; darüber wird der Anmelder informiert.

Geänderte Regel 63 EPÜ: Unvollständige Recherche

Aus der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 15. Oktober 2009 über Änderungen der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen, Amtsblatt EPA, 11/2009:

Die geänderte Regel 63 EPÜ verbessert die Bearbeitung von Anmeldungen, bei denen keine sinnvolle Recherche möglich ist und die Sachprüfung Schwierigkeiten bereitet, weil es den Ansprüchen an Stützung, Klarheit oder Knappheit mangelt. In diesen Fällen wird der Anmelder in Zukunft aufgefordert, vor der Recherche eine Erklärung mit Angaben zum zu recherchierenden Gegenstand abzugeben.

Änderungen der Anmeldung sind gemäß Regel 137 (1) EPÜ zu diesem Zeitpunkt noch nicht zulässig. Deshalb kann eine angemessene Erwiderung auf eine Aufforderung nach Regel 63 EPÜ z. B. in einer Erklärung bestehen, in der derjenige Teil der Beschreibung – z. B. eine bestimmte Ausführungsform – angegeben wird, der zur Auslegung der Ansprüche herangezogen werden kann. Oder es wird eine verbesserte Anspruchsformulierung vorgelegt, durch die der Mangel beseitigt und die mit der Erwiderung auf den erweiterten europäischen
Recherchenbericht
formell als Änderung in das Verfahren eingebracht wird.

Neue Regel 62a EPÜ: Europäische Patentanmeldungen mit mehreren unabhängigen Patentansprüchen

Aus der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 15. Oktober 2009 über Änderungen der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen, Amtsblatt EPA, 11/2009 (Abschnitt 2)

Durch die neue Regel 62a EPÜ wird der Anmelder verpflichtet, die Zahl der unabhängigen Ansprüche schon im Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung zu begrenzen, wodurch der potenzielle Schutzumfang einer Anmeldung in diesem frühen Stadium klarer umrissen ist.

Da Regel 43 (2) EPÜ bislang im Recherchenstadium nicht durchsetzbar war, konnten diese Abgrenzungen bis zur Sachprüfung oder gar bis zur Erteilungsphase hinausgeschoben werden. Der Recherchenprüfer, der in einer oder mehreren Kategorien auf mehrere unabhängige Ansprüche stieß, war verpflichtet, einen Recherchenbericht zu einer Anmeldung zu erstellen, die in dieser Form nicht zur Erteilung führen konnte, wenn nicht im Einzelfall die in Regel 43 (2) EPÜ genannten Ausnahmen griffen. Die neue Regel 62a hilft dieser Situation ab und verbessert dadurch die Effizienz des Erteilungsverfahrens.

siehe auch: Anmeldungen mit mehreren unabhängigen Patentansprüchen (ipwiki.de)

BPatG, 28 W (pat) 213/07 – Käse in Blütenform III: zu den Warenformmarken

BPatG, Entsch. v. 28. Oktober 2009, 28 W (pat) 213/07 – Käse in Blütenform III

Amtliche Leitsätze:

1. Eine bösgläubige Anmeldung setzt zwingend voraus, dass die fragliche Marke mit dem Zeichen, für das ein schutzwürdiger Besitzstand geltend gemacht wird, gleich oder jedenfalls zum Verwechseln ähnlich ist. Anderenfalls kann eine Sperrwirkung von vornherein nicht eintreten. Übereinstimmungen in funktionsbedingten und damit schutzunfähigen Gestaltungselementen von Formmarken können eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit nicht begründen.

2. Die Verwendung von Phantasiebegriffen, mit der funktionsbedingte Produktformen der Anschein einer willkürlichen und charakteristischen Gestaltung vermittelt werden soll, bleibt ohne Einfluss auf die Beurteilung ihrer Schutzfähigkeit.

siehe auch: Warenformmarken (ipwiki.de)

BPatG, 27 W (pat) 166/09 – Stadtwerke Dachau

BPatG, Entsch. v. 15. September 2009 – 27 W (pat) 166/09 – Stadtwerke Dachau

Amtliche Leitsätze:

1. Teilrechtsfähige Verwaltungseinheiten können Immaterialgüterrecht, wie Markenrecht, erwerben.

2. Kombinationen aus einer Ortsangabe und „Stadtwerke“ enthalten eine unterscheidungskräftige und nicht freihaltungsbedürftige betriebliche Herkunftsangabe.

3. Die Verwendung einer solchen Bezeichnung durch Private kann wettbewerbswidrig sein (Anschluss an BGH a. a. O. – Bundesdruckerei).

BGH, X ZR 169/07 – Diodenbeleuchtung: Zur Definition des Fachmanns im Patentrecht

BGH, Urteil vom 29. September 2009 – X ZR 169/07 – Diodenbeleuchtung

Amtliche Leitsätze:

Die Zuziehung von Experten oder sonst besser qualifizierten Fachleuten oder die Einholung von entsprechenden Erkundigungen kann vom zuständigen Fachmann erwartet werden, wenn das zu lösende Problem sich in einem sachlich naheliegenden Fachgebiet in ähnlicher Weise stellt bzw. wenn er aufgrund seiner eigenen Sachkunde erkennen kann, dass er eine Lösung auf einem anderen Gebiet finden kann (Bestätigung von Sen. Urt. v. 26.10.1982 – X ZR 12/81, GRUR 1983, 64, 66 f. – Liegemöbel und v. 11.3.1986 – X ZR 17/83, GRUR 1986, 798 – Abfördereinrichtung für Schüttgut).

Setzt die Frage, ob gegebenenfalls der Rat eines höher qualifizierten Fachmanns hilfreich sein könnte, voraus, dass der Fachmann bereits eine ihm durch den Stand der Technik nicht nahegelegte Lösung zumindest in Grundprinzipien erdacht hat, kann die erfinderische Tätigkeit nicht mit der Begründung verneint werden, die Lösung wäre dem Spezialisten nahegelegt gewesen.

BGH, Xa ZR 131/04: Nichtangriffsabrede im Patentnichtigkeitsverfahren

BGH, Xa ZR 131/04, Entscheidung vom 07.10.2009

Aus der Urteilsbegründung:

Eine auf den Mangel der Patentfähigkeit gestützte Nichtigkeitsklage kann zwar von jedermann erhoben werden, ohne dass es des Nachweises eines berechtigten eigenen Interesses des Klägers an der Vernichtung des angegriffenen Patents bedarf. Es ist jedoch im Nichtigkeitsverfahren anerkannt, dass der Beklagte dem Kläger Einwendungen aus den vertraglichen Beziehungen der Parteien und aus der Person des Klägers entgegenhalten kann. Zu diesen vom Gericht zu berücksichtigenden Umständen gehören – ihre kartellrechtliche Zulässigkeit vorausgesetzt – auch Abreden, durch die sich der Kläger ausdrücklich oder stillschweigend verpflichtet hat, das Schutzrecht nicht anzugreifen (exceptio pacti).

siehe: Nichtangriffsabrede im Patentnichtigkeitsverfahren (ipwiki.de)

BGH, I ZR 166/07: marions.kochbuch.de ./. chefkoch.de

BGH, I ZR 166/07, Entscheidung vom 12.11.2009 (Pressemitteilung)

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siehe auch: Haftung des Forenbetreibers, Prüfungspflichten einer Online-Handelsplattform